Einig

Inzwischen sind der Herr F. und ich uns einig: wir begleiten unseren Kater in seiner letzten Lebensphase. Nach der Entwicklung der letzten Tage können wir nicht mehr daran glauben, daß er sich nach Ende der Antibiotikums-Wirkung erholt. Eigentlich glaube ich nichtmal wirklich, daß er dieses Ende noch erleben wird.

Päppelfutter, von dem er bloß eine kleine Portion brauchen würde, um für den Tag zu haben, was er braucht, hat er genau einmal gefressen. An diesem Tag, am Mittwoch, hat er auch sonst recht viel angenommen, da hatte ich schon wieder ein wenig Hoffnung. Tags drauf wendet er nur den Kopf ab. Auch vor die Nase gelegte Bröckchen – jetzt mal 3, gleich 7, nachher 2 – das war’s. So sieht das dann aus:

Auch sonst mag er nichts nehmen. Er möchte einfach nicht fressen, und ihm das Päppelfutter per Spritze einzugeben, was möglich wäre – das wollen wir nicht, haben wir beschlossen. Trotzdem wird der Bauch dicker, schon länger. Wer weiß, was sich da drin ausbreitet!?

Am Mittwochabend war unser Dicker draußen, als ich heim kam. Als wir nach ihm schauen wollten, wollte er rein, ist aber dann, als er merkte: wir bleiben draußen (es war schön, wir wollten einmal durch den Garten schlendern) plötzlich wieder draußen gewesen – und mit uns gegangen. Auch sonst ist er, meist 2x am Tag, wenn er mal muß und Durst hat, lange draußen. Dann sitzt er da, mit gespitzten Ohren, guckt, was auf der Straße passiert, und fast wirkt es, als sei alles gut. Und ich stehe drinnen, betrachte ihn, und die Tränen rollen.

Drin liegt er dann wieder stundenlang, meist im Bad, auf dem Teppich. Mal sieht’s entspannt und gemütlich aus, mal nicht – wer weiß das schon? Ich nicht.

Der Herr F. meint, solange er noch gute Stunden hat, ists das wert. Ich tue mich schwer, aber ich will auch nicht zu früh eingreifen, bloß weil ich es schwer ertrage, nichts tun zu können. Immer schon war ich ja eher die „lieber ein Ende mit Schrecken….“- Vertreterin, egal in welcher Frage- Beziehung, Arbeit, Wohnsituation…. aber dies ist ja immerhin doch ein Leben, und wenn der Herr F. recht hat, und unser Stackel manchmal doch noch Dinge genießen kann, dann gilt es für mich, aushalten zu üben.

Hier ist ein „gute-Stunden-Video“ vom Donnerstag, man sieht aber auch gut den dicken Bauch – obwohl er an diesem Tag bis dahin nur etwa ein Dutzend Trockenfutterbröckchen und Wasser gehabt hatte:

Danach hat er noch lange draußen bei mir im Schatten des Tisches gelegen – meine Aufgabe war, dafür zu sorgen, daß immer dort, wo der Stackel lag, Schatten war…. so konnte ich wenigstens etwas für sein Wohlbefinden tun, denn Sonne kann er gar nicht mehr ab.

Wenn ich bloß sicher sein könnte, daß der Herr recht hat …. und schon drehts wieder weiter. Das wird wohl noch eine Weile so gehen. Hofft mit uns, daß wir es richtig machen!


Ps: ich sehe es selbst: auf den Videos wirkt das eigentlich gar nicht sehr dramatisch, im Gegenteil, halt wie ein alter Katz. Tatsächlich aber ist es durchaus sehr extrem, wie schnell immer neue Verschlechterungen sich jagen. Auch heute wieder frißt der Dicke nur sehr wenig, in kleinsten Portionen in größeren Abständen. Davon abgesehen wirkt er, bis auf den dicken Bauch, nicht sehr „schlecht“, er war mit draußen, stackelt weniger, ist auch nicht so lethargisch wie an den beiden schlimmsten Tagen.

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32 Kommentare zu “Einig

  1. ladypark sagt:

    Ach Mensch, das ist wirklich schwer und tut weh. 😦

    Ich muss an Merle denken, die einen kindskopfgroßen Tumor im Bauch hatte und alles war voller Metastasen. Außer Durchfall war ihr keine Krankheit anzumerken, bis zum Schluss nicht.
    Und dann Luzie, die zwei Tage eine verbundene Pfote hatte. Die Pfote löste sich ohne unser Wissen unter dem Verband quasi auf und außer, dass sie sie nicht benutzte, habe ich auch ihr nicht wirklich den höllischen Schmerz angemerkt, den sie gehabt haben muss.

    Nach diesen Erfahrungen bin ich mir so gar nicht mehr sicher, ob wir in der Lage sind zu erkennen, wann der „richtige“ Zeitpunkt gekommen ist, dem geliebten Tier die notwendige Hilfe zum Sterben zu gewähren.

    Auch ich wünsche mir, dass es hier eines Tages eindeutig ist. Aber ich mag noch gar nicht an diese hoffentlich ferne Zeit denken.

    Fühl dich gedrückt.

    • Fjonka sagt:

      … und dann gibt es ja auch Menschen, die ihre riesigen, metastasierenden Tumore bis kurz vor dem sterben nicht bemerkt haben, weil sie nicht schmerzten.
      Hin-her. Ja-nein. So geht das hier im Stundentakt bei mir (innerlich)
      Momentan schläft der Kater tief, aber heute ist er kaum mal aufgestanden. Einmal rausgegangen ist er aber, und hat lange an unterschiedlichen Orten gesessen und gelegen und geguckt.

      • ladypark sagt:

        Ja, solche Tumore gibt es, ich hoffe auch, dass es bei Merle damals so einer war und dass auch der Dicke keine Schmerzen hat.
        Dabei kommt mir der Gedanke: Wäre es evtl. einen Versuch wert, ihm eine höhere Dosis Schmerzmittel zu verabreichen und dann zu schauen, ob sich etwas ändert?

        • Fjonka sagt:

          Er hat seit etwa 3 Wochen schon die Dosis, die er darf. Ich habe allerdings vor (nächtliche Gedanken….), ihn heute erneut zu wiegen – so dick, wie sein Bauch ist, hat er vielleicht inzwischen mehr Gewicht. Schmerzhaft ist der Bauch übrigens wirklich nicht, wir können ihn durchtasten, fest, und er muckt überhaupt nicht. Dasselbe bei der TÄ (wobei der Bauch da noch erheblich dünner, aber auch schon wie ein Blähbauch war.)
          Er kann noch aufs Klo, auch nicht unwichtig, irgendwann wird der Bauchinhalt ja auf alle mögliche drücken. Ich nehme an, bisher auf den Magen, weil er halt immer nur so kleine Portionen frißt.

  2. Maenade sagt:

    Ach, ach. Ich denke an Euch. Und schaue im Moment fast täglich hier rein, um zu sehen, wie es Euch und dem Katz geht. Ich glaube, Ihr macht das schon richtig. Ihr seid bei ihm, Ihr beobachtet ihn, Ihr tut, was Ihr tun könnt und das nicht leichtfertig. Ihr begleitet ihn. Wer weiß, was er erzählen würde, wenn er reden könnte. Bei all der Traurigkeit: Es ist schön zu lesen, wie gut Ihr drei miteinander seid.

    Ich glaube, das Sterben von einem Lebewesen auszuhalten, das einem wichtig und lieb ist, ist eine der schwersten Aufgaben im Leben.

    • Fjonka sagt:

      Oh, danke! –
      momentan wirkt der Stackel bei aller Appetitlosigkeit und allem Gewackel doch nicht mutlos. Vorhin fand ich ihn im Wintergarten in einem Stuhl mit Decke, er begrüßte mich (als er mich erstmal wahrgenommen hatte, hören kann er auch nicht mehr so gut) mit einem Mrrrrrr und sprang dann runter, um zum Futternapf zu stackeln. Wenige Happen, nuja..
      und jetzt ist er draußen.

  3. pflanzwas sagt:

    Das ist wirklich so schwer. Ich schrieb ja neulich schon was dazu. Was ich nicht so ganz verstehe: es hieß doch, er hätte ne Erkältung – und wo kommt dann der dicke Bauch her? Ist das alles abgeklärt? Mein ehemaliger WG-Kater hatte ne Nierenerkrankung und die eine Tierärztin hatte das nicht erkannt. Er durfte kein Trockenfutter essen, was wir nicht wußten. Nach Behandlungswechsel wurde es dann besser, aber fast wäre er daran gestorben. Okay, muß jetzt nicht passen, fiel mir nur gerade dazu ein. Vielleicht geht es wirklich zu Ende, aber so lange er noch Interesse an seiner Umwelt zeigt, schnüffelt, hin und wieder was futtert, so lange sehe ich das noch nicht. Ich denke, er wäre oder wird lethargischer, wenn es ihm schlechter geht. Das auszuhalten ist wirklich schwer! Ich fühle mit dir! Aber ich glaube auch, wenn es soweit ist, wirst du es merken. Alles Gute und genießt die schönen Momente!!!! LG, Almuth

    • Fjonka sagt:

      Wir gehen davon aus, daß der dicke Bauch nichts gutes bedeutet. Aber wir sind uns mit der TÄ einig, daß ein abklären nichts ändern würde, der Dicke hat nicht mehr die Kraft, die Untersuchungen, geschweige denn eine OP oä zu überstehen. Da würde es auch nichts helfen, genaues zu wissen.
      Auch eine Entscheidung, die nicht so leicht zu tragen ist.

      • pflanzwas sagt:

        Okay, das hatte mich gewundert. Ja, klar, kann ich verstehen. Ach ja, alles nicht so leicht. Versucht die schönen Momente noch wahrzunehmen, solange sie da sind. Auch wenns schwer zu ertragen ist, habt ihr Zeit, Abschied zu nehmen. Das ist bestimmt auch viel wert! Liebe Grüße, Almuth

  4. Hollergarten sagt:

    Bestimmt kann jeder, der einmnal ein Tier in seinem letzten Lebensabschnitt begleitet hat, mit euch fühlen. Ich bekomme selbst auch gerade nasse Augen, wenn ich an meine geliebten Katzen denke, die leider alle nicht mehr sind. Aber ich habe es auch so gehalten: So lange sie noch genießen und es sich gut gehen lassen konnten, wollte ich nicht eingreifen.
    Ich denk an euch und an euren besonders hübschen und lieben Kater!
    LG Steffy

  5. Ich kann Euch, leider, sehr nachfühlen, denn mit Maria war es auch so. Gute und schlechte Tage und dann wurde sie immer weniger. Stellte das Essen ein. Aber solange sie noch trank haben wir sie gelassen. Suchte auch immer unsere Nähe, sogar am letzten Tag ging sie noch auf den Balkon und legte sich in die Sonne.
    Unglücklicherweise sieht Euer Stackel unserer Maria sehr sehr ähnlich…. der Katz wird es Euch sagen wenn er gehen will, glaubt mir….

  6. zauberweib sagt:

    Ich bin bei euch…. es ist schwierig. Aber ich denke auch, solang er noch einigermaßen beweglich ist, muss nicht eingegriffen werden. Wer weiß, vielleicht schläft er ja wirklich ganz friedlich ein. Eingreifen würde ich erst, wenn deutlich ist, dass er Schmerzen hat (erkennbar an den Bewegungen bzw. daran, dass er sich eben lieber nicht mehr bewegt). Ein gutes Indiz ist auch immer zu sehen, ob und wie gut er sich putzt.

    Bei meinem Tierarzt hab ich mal im Vorbeigehen den Satz aufgeschnappt „Es gibt keine Notfall-Euthanasie“. Das ist bei mir hängengeblieben: Im Zweifelsfall lieber einen Tag länger warten – darin liegt ja auch immer noch die Chance, dass er selber seinen letzten Weg antritt….

    Es ist alles sehr traurig… ich fühle mit euch… genießt die Zeit, die ihr noch habt… *liebdrücks*

    • Fjonka sagt:

      Achje, putzen tut er sich seit drei Wochen schon nicht mehr, davor rudimentär. Aber vorhin lag er schnurrend auf des Herrn Bauch…. und wackelte danach steif sein Gleichgewicht suchend von dannen…

  7. wattundmeer sagt:

    Ja, liebe Fjonka, das ist genau dass, was wir am Ende für unsere geliebten Haustiere tun müssen: aushalten! Schwer, ich weiß, aber sie haben es verdient. Meine Katze hat sich zum Schluss in einer Ecke verkrochen, da wusste ich es. Ich bin mir ganz sicher, dass Dein Stackel auch weiß, wie er es Dir zu zeigen hat. Vertrau ihm einfach.

    • Fjonka sagt:

      Ich hoffe, wir mißverstehen ihn nicht. Aber seit ich ( gestern) mein innerliches “ isso“ gefunden habe, fällt es mir leichter mit dem aushalten.
      Heute ist mein Katz extra aufgestanden und gen Einfahrt gestackelt, als er mein Auto kommen sah, berichtete der Herr F. !!
      🙂 (ich hätte es nicht gemerkt, er war zu langsam …)

  8. Muri sagt:

    Gut kenne ich diese schweren Gedanken und diese schweren Entscheidungen. Auf der einen Seite eine Gnade, das geliebte Tier, auf dem letzten Weg nicht durch alle Schmerzen gehen lassen zu müssen. Auf der anderen Seite, durch vorschnelles Eingreifen, das Recht auf einen würdigen Abschied dem Freund zu nehmen.

    Ich wünsche Euch viel Kraft, aushalten ist so schwer. Wenn sie nur sprechen könnten.

  9. a sagt:

    Ihr Lieben, ich fühle mit Euch, und ich finde es toll, dass Ihr ihn so liebevoll und fürsoglich begleitet. Ich kann Bibo nur zustimmen, dass mit der Nahrungsaufnahme wird weniger und solange die Ohren immer auch wieder aufmerksam, zufrieden nach vorne gestellt sind, denke ich, das Leben ist immer noch lebenswert. Ist es nicht auch so, dass Tiere die Schmerzen haben sich an diesen Stellen versuchen zu lecken und die Ohren auf jeden Fall stark angelehnt sind?
    Es ist schwer jemanden auf seinem letzten Weg zu begleiten und doch gleichzeitig auch ein gutes Gefühl es auszuhalten und diese Zeit so lebenswert wie möglich zu gestalten und einfach da zu sein. Ich glaube, dass ist das Wichtigste und vielleicht auch unsere Aufgabe genau dann durchzuhalten. Ich wünsche Euch ganz viel Kraft dafür. Liebe Grüße

    • Fjonka sagt:

      Ja, die gespitzten Ohren machen mir auch Mut. Lecken tun sie sich wohl eher bei Wunden. Manchmal mwrkt man schon Schmerz, beim aufstehen und den ersten Schritten. Aber diese Art Schmerzen müssen Alte nunmal aushalten. Ob er trotz Schmerzmitteln darüber hinausgehende hat, weiß ich halt nicht.

  10. Steffi sagt:

    Ach der arme alte Kater. Und ihr armen Menschs dazu. Ich denke an euch.Leider ist der letzte Weg irgendwann fällig. Ich schließe mich mal Herrn f. An. Solange der Dicke gute Stunden hat, wo er genießt. Ich hoffe ihr findet den rechten Zeitpunkt adieu zu sagen.
    War ja mit meinem Kater auch so und auch mit dem grossen Hund. Ich knuddel euch mal ganz doll.

    • Fjonka sagt:

      Ja, Du kennst das… aber trotz aller Zweifel und Traurigkeit ist es bei einem so alten Kerl leichter, anzunehmen, daß es zuende geht als es bei den jüngeren, aber kranken Tieren war.

  11. Bibo59 sagt:

    Ja, das ist ein sehr alter Kater, wenn man das mal auf Menschenjahre umrechnet.
    Gut, dass ihr ihn nicht zwangsernährt.
    Auch alte Menschen stellen irgendwann die Nahrungsaufnahme ein. Wenn sie Pech haben und kein Patiententestament, bekommen sie noch eine Magensonde gelegt.

  12. Myriade sagt:

    Ich hoffe auch immer, dass schwierige Entscheidungen sich selbst treffen, leider tun sie das nicht immer. Alles Liebe

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