Neulinge 1: Saattüte „Druiden“

Angeblich insektenfreundliche Saaten-Mischungen sind ja derzeit der ganz große Hit in den Supermärkten. Meist sind auf Effekt ausgelegte Billigsaaten drin; hübsch anzusehen im ersten Jahr, wenn sich Honigbienen und Hummeln auf Phacelia, Kornblume und Klatschmohn tummeln – im 2. Jahr schon ziemlich ausgedünnt und im 3. ärgert sich der gutmeinende Kunde, daß da ja „nur“ noch Gras, Brennesseln und/ oder „ortsübliches Unkraut“ unscheinbar vor sich hin blühen und ergänzt frustriert seine Kiesschüttung, wo er zuvor durch die 10 qm „Insektenmischung“ das gute Gewissen aufrechterhalten hatte.

Ja, ich weiß, das ist jetzt sehr zynisch. Ich will damit auch weniger den Insektenmischung kaufenden Gärtner kränken, sondern ein wenig übertrieben zeigen, was das Problem mit vielem ist, was „Hype“ ist: es wird billig in den Super- und Baumärkten verwurstet, und hier ist oft eben nicht auch gut, was günstig ist. Weil die „Effekttütchen“ halt zum größten Teil Einjährige enthalten. Die schön bunt sind, aber außer für Honigbienen und Hummeln nicht sehr viel Attraktivität haben – und sich nicht lang halten,

  1. weil Ackerbegleitflora (Mohn, Kornblume, Kamille und Co) auf bearbeiteten Boden zur Keimung angewiesen ist, einjährige Sommerblumen (oft um 90% des Inhalts der Tütchen) sich meist nicht weiter aussäen, weil sie die Witterung hier nicht vertragen (siehe Punkt 3) oder sich gegen die wieder aufkommenden Gräser nicht durchsetzen können. Es muss also nicht nur eine neue Tüte gekauft werden, sondern für eine erneute Einsaat auch der Boden umgebrochen werden – der Tod für alle Insekten, deren Larven in abgestorbenen Halmen oder in Bodennähe überwintern.
  2. weil am buntesten nunmal Blumen auf Magerstandorten blühen – deren Saaten sich aber auf unseren fetten Böden in S-H nicht wohl fühlen.
  3. weil zum größten Teil nicht einheimische Pflanzen in den Tüten sind, die zwar hübsch aussehen, aber unseren gefährdeteren Insekten nunmal nicht weiterhelfen, da diese zT, wie ichs schon mehrfach berichtet habe, nunmal auf Pflanzen angewiesen sind, die es hier natürlicherweise gibt – um ihre Jungen aufziehen zu können. Und da helfen Schlafmützchen, Cosmeen, Kokarden, Ringel- und andere Sommerblumen nicht wirklich weiter

Jedenfalls ist das, was da verkauft wird, sehr oft nichts als ein hübsches, aber wenig nachhaltiges Blumenbeet. Und auch die bunten Blühstreifen am Ackerrand enthalten zahlreiche nicht einheimische Arten, die von den meisten gefährdeten Insektenarten nicht genutzt werden können, denn ihre Blühmischungen sind auf die Bedürfnisse von Honigbienen zugeschnitten.

Das war jetzt eine lange, aber wichtige Vorrede für das, was ich eigentlich berichten will::

Wir haben beim Gottorfer Landmarkt ein Tütchen mit „Insektenmischung“ von der Druidenloge geschenkt bekommen. Der zugehörige Mensch sagte zum Herrn F. auf dessen Frage: Dochdoch, das seien einheimische Pflanzen. Hmmmmm –
tatsächlich zeichnet sich eine vernünftige Saatmischung schonmal zuallererst dadurch aus, daß draufsteht, was drin ist! (Obwohl das leider im Umkehrschluß nicht heißt: überall, wo was draufsteht ist auch Gutes drin)
Hier jedenfalls gab es tatsächlich eine lange Liste. Deshalb hab ich mir die Tüte auch aufgehoben und einen Test gemacht. Mal gucken, was drin ist von dem, was draufsteht. Und was bei mir wächst. Und ob es tatsächlich einheimische sind.

Durch den Mauerbau war ein kahler Fleck entstanden, wo vorher das „Baustoffdepot“ gewesen war. Den habe ich, weil einigermaßen sonnig, mit dem Tütchen eingesät. Und tataaaa, inzwischen keimt einiges.

Leider auch so einiges, das auf „schon wieder so ein sinnloses Billigzeugs“ hinweist – aber nicht nur. Und so habe ich mich mal dran gegeben, die lateinischen Namen nachzugucken, mir die deutschen rauszuschreiben und das ganze mit dem, was ich schon erkennen kann, abzugleichen:

die Häkchen im Kreis sind die Pflanzen, die ich bereits entdecken konnte. Die Punkte dahinter bedeuten „hatte ich schon vorher im Garten“. Das Bild ist groß und kann zur besseren Lesbarkeit angeklickt werden

Auf dem Tütchen gab es 2 Abschnitte (bei mir links und rechts getrennt), es stand aber nicht da, was das zu bedeuten hat. Wenn man jetzt abgleicht, sieht’s für mich so aus: links sind die großenteils tatsächlich einheimischen und durchaus sinnvollen Pflanzen – rechts der „Füllstoff“, der schon reichlich keimt.

Bereits blühendes:

  • Lein,
  • Boretsch,
  • Mohn,
  • Koriander,
  • Dill,
  • Kornblume,
  • wilde Malve,
  • Phacelia und
  • Schwarzkümmel.
  • September: Färberkamille und
  • Ringelblume

Schwarzkümmel, Dill, Koriander, Boretsch und Phacelia sind schonmal nicht einheimisch. Mohn und Lein hab ich nicht nachgeschaut, die Malve ist eine einheimische. Und die Kornblume ist eine Sorte, denn sie ist pastellblau statt wie die einheimische kornblumenblau. Das geht leider also nicht gut los, wenn es auch alles Pflanzen sind, die von Insekten zumindest als Nahrungsspender gemocht werden.

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Ich bin gespannt, was sich weiter tun wird und werde das unter Beobachtung halten! Einige Keimlinge habe ich ja schon identifizieren können (siehe „Haken im Kreis“), aber es ist ja noch genug Potential, sowohl in der Liste als auch bei den mir unbekannten Keimlingen.

Und irgendwann gibt’s dann auch „Neulinge 2 und 3“, denn ich hab ja noch die GUTEN (hoffe ich): den „mähbaren Kräuterrasen“ und den „Schattsaum ohne Gräser“, auch die mit Artenlisten und letzterer bereits in Teilen ausgesät. Aber erst vor kurzem. Und der Kräuterrasen kommt erst im September raus, nachdem ich wie empfohlen Keimlinge aus dem Sand/ Kies (die auch tatsächlich grad momentan massenhaft aufgehen) gejätet habe


Ich möchte hier, weil es dazu paßt (von wegen billig ausnutzen, daß Laien es gut meinen), zu und zu gern nochmal auf das wunderbar anschauliche Faltblatt von Dr. Eckloff zum Thema „Insektenhotel“ aufmerksam machen. Also, bitte, wer’s noch nicht kennt oder nochmal auffrischen möchte:  *klick*)

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16 Kommentare zu “Neulinge 1: Saattüte „Druiden“

  1. puzzleblume sagt:

    Der Beitrag spricht mir bezüglich der geschäftstüchtigen Samenmischungen für Wohlmeinende aus dem Herzen. Den einen Kommentarsatz vom Maenade könnte man auf T-Shirts drucken:
    „Es braucht Zeit und den Willen, einen „unordentlichen“ Garten zu habe.“

  2. ladypark sagt:

    Und jetzt bin ich ratlos, welche Saat ich denn im Herbst wählen soll für unsere zukünftige Blühwiese. Hast du da einen Tipp oder gibt es womöglich kein wirklich geeignetes Saatgut als kaufbare Mischung? Wenn das jemand weiß, dann doch hoffentlich du. 🙂

  3. Maenade sagt:

    Meine Mutter hat Kalkmagerboden. Vor dem Haus wird ein Rasenstück nur 2x im Jahr gesenst. Dort haben wir vor ca. 30 Jahren Kornrade, Kornblume, Margherite,… ausgesät, Samen aus einer Wildsammlung des örtlichen Umweltvereins. Anfangs hieß es noch „wie unordentlich, dass da nicht gemäht wird!“, dann kamen jedes Jahr mehr von den Blumen und die Leute fingen an, sich welche zu pflücken und tatsächlich auch gelegentlich zu fragen, ob sie sich Samen mitnehmen dürfen. Sie dürfen. Erfolgserlebnisse gibt es allerdings natürlich nur, wenn dann nicht immer kurz gehalten wird. Englischer Rasen und Blumen auf gleicher Fläche ist halt schwierig. Aber mach das mal den Leuten klar… 😉 Jedenfalls ist das eine wunderschöne Fläche, wenn dann alles blüht! Dazwischen Gräser und Mohn und Kirschbaumschösslinge und Brombeeraufschläger (die meine Mutter zu entfernen versucht) und ich mag das einfach. Aber ja: Braucht Zeit und den Willen, einen „unordentlichen“ Garten zu haben.

    • Fjonka sagt:

      Kalkmagerboden – das ist natürlich auch die allerbeste Voraussetzung. Bei uns wäre das inzwischen Brennessel plus Giersch, wenn man vorher nix gemacht hätte und nur selten mähen würde. Würde man öfter mähen (2x jährlich oder öfter), dann Gräser dazu. Mohn und Co gäbe es gar nicht mehr.
      Toll, daß das bei Euch so funktioniert! Und wie schön, daß es immerhin ab und an geschätzt wird!

      Bei meiner sehr schattig-trockenen Wiese (die dadurch immerhin Giersch-und Brennesselfrei ist) , die seit ich hier wohnte ausschließlich Gras getragen hatte, versuche ich seit einigen Jahren, über abmagern (Schnitt abtransportieren) und selteneres mähen was zu drehen, und tatsächlich sieht man erste Erfolge: Ruprechtskraut, Gundermann, unter den Mirabellen tatsächlich seit diesem Jahr Veilchen. Mal sehn, was noch so kommt.

  4. Schwarzkümmel, Dill und Koriander sind aber leckere Gewürzkräuter.
    Boretsch schmeckt auch gut im Salat.

    Jetzt habe ich Hunger 😛

    • Fjonka sagt:

      *gg* guten Appetit! Stünde „Kräutermix“ drauf, wäre ja alles gut … aber ich mag Salat nicht mal besonders gern…..

      • Bibo59 sagt:

        Dill gehört in Schmorgurken und an Fisch und Dillkartoffeln sind auch lecker.
        Es ist durchaus sinnvoll, wenn bei so einer Mischung, erstmal einjährige kommen. Dann steht da gleich was für die Biens, der Hobbygärtner hat ein Erfolgserlebnis. Denn die Mehrjährigen bilden oft erstmal unscheinbare Rosetten.
        Auf meiner Wiese gab es in diesem Jahr mehr Malven, was schön ist, und sehr viel Majoran und etwas weniger Jacobsgreiskraut als voriges Jahr. Dafür waren die Gräser wieder sehr hoch aufgeschossen. Leider gab es weniger Spitzwegerich als erwartet.
        Ich sammle immer mal unterwegs Samen ein und werfe sie einfach hin, ohne groß zu bearbeiten.

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