Neulich, auffe Arbeit (-66-)

Volle Einkaufswagen rollen durch den Laden. (…)
Uns gehen Konserven, Aufstriche, Flocken und Nudeln aus.
Gestern geliefertes ist heute schon wieder ausverkauft.

Na, kommt das Jemandem bekannt vor?

Im März 2020 herrschte Endzeitstimmung.
Corona stand vor der Tür.

Und jetzt?

Jetzt haben wir Zeiten, in denen wir ’ne halbe Stunde lang ganz allein im Laden sind.
Überall im Bio-Bereich gehen die Umsätze heftig zurück; einige Unverpacktläden haben schon Pleite gemacht. 2020 wurde gehamstert, was das Zeug hält, jetzt wagt man nicht mehr, bio oder unverpackt – also etwas teurer – einzukaufen.
Oder kann es sich tatsächlich nicht mehr leisten.
(Allerdings ist das Dorf nachts hell erleuchtet wie immer; man verrasenmäht, vermotorbootet, verurlaubt, verlichterkettet, verausflugt ganz selbstverständlich die Energie, deren Preisexplosion man fürchtet, weil sie knapp ist. Statt dort zu sparen, wo es Sinn hätte, spart man lieber am Essen und an der Nachhaltigkeit.)

Im August 2022 herrscht Endzeitstimmung.
Die Inflation hat an die Tür geklopft.

Was ich sehe, wenn ich über den Laden hinaus schaue, finde ich zwar absurd, dabei aber überhaupt nicht lustig:

Milliarden für Waffen sind ganz selbstverständlich, während gleichzeitig Hilfsorganisationen um Millionen betteln, um weniger Menschen verhungern zu sehen.
In Jahrzehnten erkämpfte Umweltstandards werden vom grünen Minister einfach mal eben so vom Tisch gewischt. Was ist schon ein Naturschutzgebiet wert, wenn es gilt, Frackinggas zu bunkern?
Der demokratisch gewählte Ex-Komiker gibt sich angesichts der Klage von Amnesty über in Wohngebieten stationierte ukrainische Truppen (sprich: Zivilisten als Schutzschilde) genauso selbstgerecht wie sein scheindemokratisch gewählter Bürokratenkontrahent angesichts der Klagen über Rußlands Bombardierung ebensolcher Wohngebiete – immer sind die Anderen schuld, man selbst ist armes Opfer. Kritik bedeutet, daß der Kritisierende mit DEM FEIND fraternisiert.
Im TV gibt es statt täglicher Inzidenzen tägliche Gastank-Füllstände.
Wo ich früher noch lachte über die absurde Idee, Atomkraftwerke als klimafreundlich zu reaktivieren, scheint es jetzt nur noch eine Frage von Wochen, bis ebendas beschlossen wird, sämtlicher Gegenargumente, selbst der der Betreiber selbst, zum Trotz.
Und jetzt fängt auch noch China an, rumzuspinnen. Ohgottogott, eine Gesichtsmumie hat Taiwan besucht. Mit Pech löst das jetzt das nächste Geballer aus.

Was tu ich?

Ich gucke Insekten. Ich lese. Ich versuche, meine Schmerzen in den Griff zu kriegen. Ich hoffe, daß die neue Heizung noch vor dem Winter eingebaut werden kann. Ich versuche, die Traurigkeit, die mich angesichts dieser Entwicklungen immer mal wieder erfaßt, nicht hochkommen zu lassen. Denn ich kann überlegen, bis mir ganz wuschig wird – mir fällt nichts, aber auch garnichts ein, wie ich dazu beitragen könnte, diese Lawine an FALSCH umzulenken oder gar aufzuhalten. Also bleibt mir nur, mein Leben weiter zu leben und zu hoffen, daß ich irgendwann sagen kann: Et hätt at wedder jootjejange.

Das mag sich für Energiekrise, Ukrainekrise, Taiwankrise, für Coronakrise, Inflation usw bewahrheiten – zumindest für uns Deutsche; für viele, viele Andere ist es schon längst schiefgegangen. Doch für Artensterben, Klimawandel und alles, was da dran hängt, wird mit all dem kurzsichtigen „Krisenmanagement“ immer unwahrscheinlicher, daß ein Gegensteuern noch möglich ist.

Schluß jetzt – Demnächst hier wieder Insekten, solange es noch welche gibt…..

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6 Kommentare zu “Neulich, auffe Arbeit (-66-)

  1. beithe sagt:

    Da geht es mir wie dir. Ich habe früher täglich Nachrichten gesehen. Talkrunden mit Leuten die was sagen konnten,verfolgt. Das mag ich alles nicht mehr. Die Zeitung lese ich nur noch sporadisch um im groben informiert zu bleiben. Manchmal denke ich die Welt ist verrückt geworden oder ich werde nur langsam alt oder beides.
    Bei der Dachsanierung gibt es tatsächlich gesetzliche Bestimmungen, die einzuhalten sind, wenn man die Fördermöglichkeiten in Anspruch nehmen will.
    Auch wir leben in einem etwas älteren Haus und haben über die Jahr einiges in Dämmung, Fenster, Dach etc investiert. Dazu haben wir keine 150m2 Wohnfläche, die ich früher gern gehabt hätte. Jetzt freue ich mich über ein kleines Haus, das wenig Energie braucht.
    Der nächste Schritt für mich ist ein neuer Job in der Nähe, um nicht mehr täglich 30km zur Arbeit fahren zu müssen.

    • Fjonka sagt:

      „oder ich werde nur langsam alt“ 😂
      Ja, das auch. Doch in unserer Lebenszeit gab es tatsächlich noch nicht so verrückte Zeiten, das bestätigen uns ja auch die Wissenderen…
      Die Aussichten für neue Arbeit immerhin sind ja derzeit prima. Das haben wir schon sehr viel schlechter erlebt. Zu meinen Berufsbeginnzeiten konnte glücklich sein, wer ohne arbeitslose Zwischenzeiten eine Arbeit fand. Und selbst ungelernte Jobs waren kaum zu bekommen, über viele Jahre.

  2. ladypark sagt:

    Das mit dem zurückgegangenen Umsatz an Bio Lebensmitteln klingt übel und deckt sich so gar nicht mit meinem Einkaufsverhalten. Wir kaufen zunehmend mehr bio. Unverpackt habe ich einmal gekauft, das ist mit ganz ehrlich gesagt zu umständlich. Klar ist der Gedanke dahinter super gut und lobenswert, aber allein, dass ich dann zusätzlich in noch einen Laden muss (im Unverpacktladen gibt es eben nicht alles, was ich so brauche), macht es für mich zu zeitaufwendig. Mal abgesehen davon, dass ich zu Hause dann irgendwann nicht mehr wusste, was da eigentlich in den verschiedenen Gefäßen drin war.
    Heute ist unsere neue PV-Anlage an den Start gegangen, das ist eine tolle Sache. Leider müssen wir den Knick nebenan etwas stutzen, da er doch Schatten wirft auf die Paneele. Dor is wat bi wat…
    Der Irrsinn mit dem tatsächlichen und dem drohenden Krieg ist mir echt zu viel. Und dann noch die atomare Bedrohung. Ich versuche da auch, mich auf Alltag zu konzentrieren und Scheuklappen anzulegen, sonst wirste ja verrückt inne Birne!

  3. Bibo59 sagt:

    Ich hatte diese Rubrik schon vermisst. Gefühlt warst du ja öfter krank als auf Arbeit.
    Gestern habe ich übrigens im Stadtnzeiger gelesen, dass die Preise für Bio-Lebensmittel weniger stark steigen als die „normalen“ Unter anderem, weil im Bio-Bereich weniger chemische Substanzen genutzt oder gar verboten sind. Funghizide, Pestizide, Herbizide, alle energieaufwändig hergestellt, machen die normalen teuer und die importierten erst Recht. https://www.br.de/nachrichten/bayern/naturkostmesse-biofach-preise-bei-bio-lebensmitteln-steigen-nicht-so-stark,TCgxTxo
    In demselben Stadtanzeiger las ich aber auch, dass Hauseigentümer an der energetischen Sanierung „sparen“. Ich glaube nicht, dass sie sparen, sondern dass sie es sich schlicht nicht leisten können. Nichts täte ich lieber als ein paar Solarpanels auf mein Dach zu setzen. Dazu muss es aber neu eingedeckt werden. Der Dachdecker hat mir einen Kostenvoranschlag im 5stelligen Bereich geliefert mit Dämmung, neuem größerem Fenster und allem was ich nicht bestellt habe und behauptet, der Gesetzgeber will das so. Sorry, dann eben nicht. Der Dachbodenboden ist vorschriftsmäßig gedämmt, also Björns Wohnung entspricht den Vorschriften und wir sparen alle Energie weil wir keine Trockner nutzen.
    Der Schornsteinfeger, der auch Energieberater ist war neulich hier und ich habe ihn nach einer Alternative zur Gasheizung gefragt und ihm fiel zu dem alten Kasten dabei auch nichts ein.
    Im übrigen tut es mir gut, dass ich während des letzten Lockdowns meinen Radiowecker aus- und seitdem nicht mehr angeschaltet habe. Tatsächlich habe ich neulich zwei Radiowecker in den Umsonstladen gebracht.

    • Fjonka sagt:

      Interessant, das mit den Preisen!
      Zum Rest: Ja, bei alten Gebäuden hängt immer was dran, schwierig. Aber daß der Gesetzgeber größere Fenster und Dachdämmung bis in die Spitze bei nicht wohngenutztem Raum vorschreibt halte ich für eine Ente. Evtl beim Energieberater nachhaken. Auch wg. Fördermöglichkeiten

Platz für Klönschnack ...

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