Ein Sohn demonstriert heute in Lützerath mit. Ich schreibe einen Kommentar in den „Liveticker“ der Sohnesmutter
Tja – ich stecke da nicht so drin, frage mich aber tatsächlich,
1. warum EIN kleines Restdorf so wichtig sein soll für RWE, aber auch
2. warum so ein Gewese um dieses eine kleine Dorf gemacht wird – der Kompromiß ist doch an sich echt okay!?
Ich hab das Gefühl, daß beide Seiten hier prinzipienreiten und finde es ziemlich traurig, daß dadurch jetzt Grüne und junge Umweltszene so auseinandergetrieben werden. Wer, meinen die, soll sich denn wirksam für Umweltschutz einsetzen, wenn sie nachher die Wahlen verweigern, weil Kompromisse nicht mehr modern sind???
und merke dabei, wo eigentlich der Kasus Knacktus für mich steckt:
die Kompromißlosigkeit ist es.
Die sich, so empfinde ich es, durch sämtliche Schichten zieht: rechts oder links, woke oder rückwärtsmoralisch, alt oder jung: der Konsens geht verloren, daß man miteinander redet. Daß das, was dabei rauskommt und getan wird, niemals genau das sein wird, was man gefordert hat! Daß sich jeder Diskutant ein Stück bewegen muß, sonst geht nix.
Das ist, glaub ich, warum ich alte Ökotante FFF, Letzte Generation und Co einfach nicht wohlmeinend betrachten kann, obwohl ich deren Ziele ja teile.
Meine Befürchtung ist, daß diese Kompromißlosigkeit dazu führt, daß letztlich die Populisten von AfD und Co die Oberhand bekommen, weil der Wert der Demokratie an sich einfach nicht mehr verstanden wird, wenn Jeder nur noch 100% der eigenen Forderungen als akzeptabel betrachtet.
Btw: hier denke ich mal wieder beim schreiben 😉
Das hier ist also eher ein Beschreiben meiner Gefühls- und Gedankenlage als ein gut durchdachter Diskussionsbeitrag.
Ähnlich geht es mir auch. Der Kompromiss war das 3 (oder4) Dörfer bleiben, der Kohleausstieg von 35 auf 30 vorgezogen wird und Lüzerrath noch abgebaggert werden darf… klar kann man das Dorf als Bauernopfer sehen aber wenn ich bedenke wieviel CO2 alleine durch die Berichterstattung darüber verbraten wurde, von der Räumungsaktion ganz zu schweigen…
„aber wenn ich bedenke wieviel CO2 alleine durch die Berichterstattung darüber verbraten wurde, von der Räumungsaktion ganz zu schweigen…“
Sorry, aber das steht doch in gar keinem Verhältnis zu dem, was die künftig geförderte Braunkohle für einen CO2-Abdruck verursachen wird.
Auch einer meiner Söhne hat sich heute aufgemacht, um dort zu demonstrieren. Ich bin stolz, dass er es macht und nicht unpolitisch sein Leben fristet. Er und seine Generation müüsen ausbaden, was unsere Generation und die davor alles verbrochen hat.
Wenn RWE dort nicht Braunkohle zur Verstromung abbauen wollte, sondern die Dörfer abreißen möchte, um dort einen Windpark zu erstellen, dann würde das niemand genehmigen …
Auf jeden Fall ists klasse, wenn sich die Kids politisch für den Umweltschutz oder andere gute Ziele starkmachen! Anders will ich mich nicht verstanden wissen – aber ich glaube auch nicht, daß Ihr das falsch verstanden habt
Hier spricht die Mama des Sohnes, der gerade in Lützerath demonstriert. 😉
Es ist in meinen Augen absolut gut und notwendig hier zu demonstrieren, zu zeigen, dass der wahrscheinlich bestmögliche Kompromiss immer noch ein fauler Kompromiss ist. Und zu zeigen, dass MEHR getan werden muss als faule Kompromisse zu schließen.
Habe in meinem Blog ja schon geschrieben, dass ich das Dilemma der Grünen, insbesondere von Robert Habeck sehe. Dass ich auch froh bin, dass es immerhin mit dieser Regierung gelingt, möglichst viel in Sachen Klimaschutz zu bewegen. Trotzdem finde ich radikalere Haltungen sehr wichtig, um aufmerksam zu machen, dass dort gerade Schlimmes passiert (schlimmer geht ja immer).
Ob das spaltet wage ich zu bezweifeln, die Spaltung in der Gesellschaft ist bereits tief.
„finde ich radikalere Haltungen sehr wichtig, um aufmerksam zu machen, dass dort gerade Schlimmes passiert (schlimmer geht ja immer).
Ob das spaltet wage ich zu bezweifeln, die Spaltung in der Gesellschaft ist bereits tief“
Ich meine auf gar keinen Fall, daß die dort Protestierenden die Gesellschaft spalten. Ich meine aber, daß es problematisch ist und den PopulistInnen hilft, wenn Totschlagdiskussionen geführt werden statt auf Kompromisse zu setzen.
Und daß es nichts bringt, 100% zu fordern und Alles darunter zu 0 zu erklären.
Du „fragst dich tatsächlich“? Alles kann eine gut nachlesen …
Ich schrieb dazu heute morgen:
— Die Regierenden sagen, „wir“ haben einen Vertrag mit RWE, den müssen „wir“ einhalten.
„WIR“ haben vor allem das Pariser #Klimaabkommen unterschrieben. 1,5 °. DAS MÜSSEN WIR EINHALTEN, ihr Lobbyist:innen!! —
Mehr als 500 Wissenschaftler:innen haben öffentlich gesagt, dass wir das Klimaziel auf keinen Fall einhalten können, wenn wir die Kohle unter Lützerath abbaggern, selbst, wenn dann niemand mehr Auto führe oder flöge.
Gibt dir DAS nicht zu denken, dass die Aktivisty GENAU das richtige tun?!
Das ist das große Dilemma, daß unsere Vorregierungen (wie auch viele Andere in anderen Ländern) dieses Abkommen unterzeichnet haben – und dann verschleppt, verzögert, nichts getan….
Soweit ich weiß ist – Lützerath hin oder her – eh klar, daß die 1,5° nicht mehr einzuhalten sind. Und daß Braunkohleverwendung absoluter Schwachsinn ist – auch das ist klar.
Meine Fragezeichen im Kopf richten sich auf Lützerath als kleinem Örtchen und darauf, ob es nicht von beiden Seiten reine Symbolpolitik ist, mit dem Kampf um dieses Örtchen die Fronten so zu verhärten, daß jetzt die einzige Partei, die sich ernsthaft um Umweltpolitik kümmert, zum Bösewicht gemacht wird.
Und darauf, wie die Debatten darum (und um Anderes) geführt werden – um dieses „wer nicht 100% mit mir übereinstimmt ist gegen mich“-Denken
DANKE; das trifft es.
WIR sind schon lange nicht mehr die, die von der Politik vertreten werden. Sondern die Politik dient der Wirtschaft.
Und mit meinen >60 Jahren und als altgediente Antiatomkrafttante bin ich den Jungen SEHR dankbar. Kompromissbereitschaft hat der RWE in den 80ern schon nicht schreiben können geschweige denn gelebt. Es MUSS anders gehen. AUCH SO wie es jetzt läuft. Es darf auch den Jungen mal der Kragen platzen….
danke an SuperBete2014 meinte ich, lG Helga
Danke, du hast das ziemlich gut auf den Punkt gebracht, was mir da auch (wenn auch viel unstrukturierter und nicht ganz so detailliert) durch den Kopf geht..