Volle Einkaufswagen rollen durch den Laden. (…)
Uns gehen Konserven, Aufstriche, Flocken und Nudeln aus.
Gestern geliefertes ist heute schon wieder ausverkauft.
Na, kommt das Jemandem bekannt vor?
Im März 2020 herrschte Endzeitstimmung.
Corona stand vor der Tür.
Und jetzt?
Jetzt haben wir Zeiten, in denen wir ’ne halbe Stunde lang ganz allein im Laden sind.
Überall im Bio-Bereich gehen die Umsätze heftig zurück; einige Unverpacktläden haben schon Pleite gemacht. 2020 wurde gehamstert, was das Zeug hält, jetzt wagt man nicht mehr, bio oder unverpackt – also etwas teurer – einzukaufen.
Oder kann es sich tatsächlich nicht mehr leisten.
(Allerdings ist das Dorf nachts hell erleuchtet wie immer; man verrasenmäht, vermotorbootet, verurlaubt, verlichterkettet, verausflugt ganz selbstverständlich die Energie, deren Preisexplosion man fürchtet, weil sie knapp ist. Statt dort zu sparen, wo es Sinn hätte, spart man lieber am Essen und an der Nachhaltigkeit.)
Im August 2022 herrscht Endzeitstimmung.
Die Inflation hat an die Tür geklopft.
Was ich sehe, wenn ich über den Laden hinaus schaue, finde ich zwar absurd, dabei aber überhaupt nicht lustig:
Milliarden für Waffen sind ganz selbstverständlich, während gleichzeitig Hilfsorganisationen um Millionen betteln, um weniger Menschen verhungern zu sehen.
In Jahrzehnten erkämpfte Umweltstandards werden vom grünen Minister einfach mal eben so vom Tisch gewischt. Was ist schon ein Naturschutzgebiet wert, wenn es gilt, Frackinggas zu bunkern?
Der demokratisch gewählte Ex-Komiker gibt sich angesichts der Klage von Amnesty über in Wohngebieten stationierte ukrainische Truppen (sprich: Zivilisten als Schutzschilde) genauso selbstgerecht wie sein scheindemokratisch gewählter Bürokratenkontrahent angesichts der Klagen über Rußlands Bombardierung ebensolcher Wohngebiete – immer sind die Anderen schuld, man selbst ist armes Opfer. Kritik bedeutet, daß der Kritisierende mit DEM FEIND fraternisiert.
Im TV gibt es statt täglicher Inzidenzen tägliche Gastank-Füllstände.
Wo ich früher noch lachte über die absurde Idee, Atomkraftwerke als klimafreundlich zu reaktivieren, scheint es jetzt nur noch eine Frage von Wochen, bis ebendas beschlossen wird, sämtlicher Gegenargumente, selbst der der Betreiber selbst, zum Trotz.
Und jetzt fängt auch noch China an, rumzuspinnen. Ohgottogott, eine Gesichtsmumie hat Taiwan besucht. Mit Pech löst das jetzt das nächste Geballer aus.
Was tu ich?
Ich gucke Insekten. Ich lese. Ich versuche, meine Schmerzen in den Griff zu kriegen. Ich hoffe, daß die neue Heizung noch vor dem Winter eingebaut werden kann. Ich versuche, die Traurigkeit, die mich angesichts dieser Entwicklungen immer mal wieder erfaßt, nicht hochkommen zu lassen. Denn ich kann überlegen, bis mir ganz wuschig wird – mir fällt nichts, aber auch garnichts ein, wie ich dazu beitragen könnte, diese Lawine an FALSCH umzulenken oder gar aufzuhalten. Also bleibt mir nur, mein Leben weiter zu leben und zu hoffen, daß ich irgendwann sagen kann: Et hätt at wedder jootjejange.
Das mag sich für Energiekrise, Ukrainekrise, Taiwankrise, für Coronakrise, Inflation usw bewahrheiten – zumindest für uns Deutsche; für viele, viele Andere ist es schon längst schiefgegangen. Doch für Artensterben, Klimawandel und alles, was da dran hängt, wird mit all dem kurzsichtigen „Krisenmanagement“ immer unwahrscheinlicher, daß ein Gegensteuern noch möglich ist.
Schluß jetzt – Demnächst hier wieder Insekten, solange es noch welche gibt…..