Ja, jetzt ist sie wieder da, die Zeit, in der die Bienenvölker beginnen, an Vermehrung zu denken.
Bienen- (und zB auch Ameisen-)völker betrachtet man heutzutage ja als einen Organismus, die einzelnen Bienen sind dabei sowas wie bei uns die einzelnen Zellen. Die Vermehrung ist also nicht über die vielen zehntausend Bienen gegeben, die jedes Jahr geboren werden, sondern die Vermehrung der Bienen ist die Teilung der Völker übers schwärmen. Ein hochkomplexer Vorgang! Das beginnt schon damit, daß ein praktisch beliebiger, befruchteter Stift – ein Ei – ausgewählt wird und nur durch andere Fütterung und anderes Wärmeverhalten aus diesem einen ausgewählten Stift keine Arbeiterin, sondern eine neue Königin wächst
Gerburgis hat mir ein Buch ausgeliehen, das mir jede Menge Interessantes über den Weg zum schwärmen und die Folgen beigebracht hat. Ich habe mir Notizen gemacht und berichte Euch nun sehr verkürzt, was der Autor, Herr Seeley, in jahrelangen Experimenten herausgefunden hat:
Wie entschieden wird, warum jetzt und genau dieser Stift ausgewählt wird, zur Königin zu werden – dazu muß wohl Jemand anders forschen *g*. Herr Seeley startet seine Forschungen, wenn eine Weiselzelle angelegt ist und vor sich hin reift.
Während dies geschieht, beginnen die Bienen, ihre bisherige Königin weniger zu füttern. Sie stiftet dann nicht mehr, und ihr Hinterleib schrumpft – eine wichtige Voraussetzung fürs schwärmen, weil die Königin vorher flugunfähig war und nun wieder wird fliegen können. Sie verliert in dieser Zeit, in der sie auch zunehmend von den Arbeiterinnen geschüttelt und gebissen wird und deshalb unruhiger als sonst auf den Waben herumläuft, bis zu 23% ihres Gewichtes und ist schließlich körperlich fit genug fürs schwärmen.
Mehrere Dutzend ältere, erfahrene Sammlerinnen beginnen nun, potentielle neue Nistplätze auszukundschaften! Das Signal für diese Bienen ist, daß sie ihren gesammelten Nektar nicht mehr an die weiterverarbeitenden Stockbienen loswerden, weil der ganze Stock schon voll mit Brut und Nektar ist.
Wenige Tage bevor die neue Königin schlüpft, entwickeln viele Arbeiterinnen ihre Wachsdrüsen – eine Vorbereitung darauf, daß sie in ihrem neuen Zuhause schnell Waben anlegen müssen. Das Volk wirkt jetzt insgesamt träge (die „Ruhe vor dem Schwarm“).
Direkt vor dem abschwärmen dann stopfen sich die Bienen die Honigblasen voll – sie wiegen danach 50% mehr als sonst, man kann das auch an Bienenstöcken, die auf Stockwaagen stehen, messen – der Stock wird, wenn Biens abgeschwärmt sind, mehrere Kilo leichter sein als zuvor! (Und zwar erheblich mehr Kilos als die reine Bienenmasse, dummerweise haben sowohl der Herr F. als auch ich die Kilozahl vergessen, die wir beim Herrn Tautz-Vortrag gehört hatten, wir meinen, es waren 4-5 Kilo)
Die Bienen, die zuvor auch schon gekundschaftet haben, laufen kurz vor dem schwärmen durch die „träge Masse“ und wärmen die anderen auf, indem sie sich an sie drücken und dabei ihre ausgeklinkten Flugmuskeln vibrieren lassen (durch dasselbe Verhalten heizen Bienen auch im Winter ihre Wintertraube auf „Betriebstemperatur“) Dies scheint anzustecken, es wird immer mehr, bis alle auf „Betriebstemperatur“ sind, dann gibt es ein lautes Flügelschwirren, und los geht’s: die alte Königin und mehrere Kilo Bienen fliegen weg, auf in ein neues Leben!
(Einschub: Da unsere heutige Umwelt nicht gerade bienenfreundlich ist, ist es leider oft KEIN schönes neues Leben, das Biens erwartet, falls keinE ImkerIn sich ihrer annimmt: große Baumhöhlen oder andere geeignewte Nistplätze: Fehlanzeige. Und die in den 70ern eingeschleppte Varroamilbe sorgt dafür, daß die meisten „freien“ Völker relativ schnell sterben. Je nach „Glaubensrichtung“ meinen ForscherInnen, daß ALLE sterben oder daß es Varroa-resistente Völker gibt… *g*)
Die Sache mit der Vorbereitung des schwärmens jedenfalls liest sich schön konsistent und einfach – aber Seeley und sein Team mußten eine Heidenarbeit leisten, um all das mit Experimenten, markierten Bienen, Beobachtung, Messungen etc herauszufinden. Allein, Experimente so zu konstruieren, daß ein tragbares Ergebnis dabei herauskommt ist ja schon höllisch schwierig!
Das Buch selbst ist zugegebenermaßen ein wenig zäh zu lesen – mir ist durchaus nachvollziehbar, daß es Herrn Seeley fürchterlich schwerfallen muß, mehrere Jahrzehnte Forscherarbeit in so ein kleines Taschenbuch zu packen, und schließlich will er ja auch nicht nur Ergebnisse präsentieren, sondern auch den Weg zu ihnen hin….. so faszinierend ich finde, wie so ein Volk kleiner, fast hirnloser Insekten sich so komplex organisiert – für mich war es trotzdem ein wenig viel „Weg“, und auch die Namen der DoktorandInnenen und StudentInnen, die dabei waren, gehören sicherlich hinein, haben mir das lesen aber eher erschwert *g* Insofern: so interessant der „Stoff“ ist: Lese-Empfehlung nur für Bienen-FanatikerInnen 😉
Seeley jedenfalls hat sein ganzes Forscherleben der Biene gewidmet, und so hat er zB auch Jahre damit verbracht, Experimente zum idealen Nistplatz (aus Sicht der Biene) und dazu anzustellen, wie Bienen sich für einen der möglichen Plätze entscheiden. Dieser Teil des Buches hat mich am meisten fasziniert, und auch da hab ich mir Notizen gemacht, um Ergebnisse zusammenfassen zu können. Dazu schreibe ich später nochmal was; Ihr dürft Euch schon vorfreuen (oder, je nachdem, wißt schon, daß Ihr demnächst mal wieder getrost einen Beitrag überspringen könnt *g*)
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