Heute im BookCrossing-Forum. L. schreibt:
Samstag wurde hier im Haus ein rauschender 90. Geburtstag gefeiert… über 20 Leute und weitere wechselnde Gäste in einem ungelüfteten Wohnzimmer. Heute hat meine direkte Nachbarin 70ten und vor meiner Wohnungstür steht nun seit geraumer Zeit ein singender Frauenchor… (…)kurz davor, die Polizei zu rufen, andererseits hab ich auch keine Lust irgendjemanden zu denunzieren. Wie würdet ihr damit umgehen?
Einige Zeit und einige Antworten später schreibt L.:
Die Polizei habe ich nicht geholt, aber ich bin in voller Schutzmontur raus und habe wenigstens die Türen und Fenster des Flures geöffnet, damit es einen Luftaustausch gab. (…)
Ich musste beim lesen laut lachen und antwortete dann:
WÄHREND des Chorauftritts, vermute ich!? *breitgrins*
Noch habe ich keine Antwort, aber DAS wäre doch eine passende Antwort für die alten Damen gewesen! 🙂
Ja, meine LIeben ! Als durchaus kritische Person erlebe ich in meinem Berufsalltag als Pflegekraft nun einen Paradigmenwechsel meinerseits. Im Sommer war die „Gefahrenlage“ überschaubar auf unserer Covid-Aufnahmestation. Nun haben wir eine Inzidenz von 7 negativen zu etwa 3 positiven Patienten. Und die sind, mit bedeutsamer Klinik, NICHT alle über 80 Jahre alt. Mein Fazit : Ich schränke persönliche Kontakte EIN, ein RiesenChorprojekt ist abgesagt und mein demnächst anrauschender Geburtstag fällt aus, bzw. findet im familiären Rahmen statt.
Keine Panik, aber Vorsicht ist im Moment schon geboten.Nicht jeder, der sich für selbst als Risikopatient einschätzt , ist auch einer und umgekehrt. Die unabdinglichen Termine vereinbare ich direkt im Anschluss an mein wöchentliches Testergebnis, das bisher negativ ausgefallen ist.
Solange halte ich mich bedeckt. LG Gitta
Selbstverständlich halte ich die Isolation und soziale Verarmung der Senioren für kontraproduktiv, das könnte man aber mit entsprechenden Maßnahmen vermeiden, leider hat uns die bisherige Panik davon abgehalten, dort auch menschenfreundliche Konzepte zu entwickeln….und Patentlösungen gibt es sowieso nicht.
Wir sind ebenfalls ein wenig auf dem Rückzug, aber hier ist alles noch vergleichsweise entspannt (unter 35), da mag ich ehrlich gestanden noch nicht wieder die Schnecke spielen. Aber größere Partys/ Feiern/ Veranstaltungen haben wir eh das ganze Jahr nicht gehabt/ vermieden
Nein, ich mag auch nicht, aber ich habe ständig Kontakt zu Covid-Patienten und möchte die Erkrankung nicht zu Freunden und meiner syrischen Familie tragen…
„halte ich die Isolation und soziale Verarmung der Senioren für kontraproduktiv,“ Wieso nur Senioren?
Was ist mit allein Lebenden Singles? Denen im ersten Lockdown auf unbestimmte Zeit mal eben ihr gesamtes Sozialleben weggenommen wurde?
Was ist mit Kindern ohne Kontakt zu Gleichaltrigen? Die Nichte meines Meisters hat 2 Monate kein anderes Kind gesehen. In anderen Familien sind die Fäuste geflogen und es ist erst aufgefallen, als die Kinder wieder in der Schule oder Kita angekommen sind. Da waren die Kneipen schon lange wieder auf.
Was ist mit den Menschen, die bis heute ihren Berufen nicht nachgehen können?
Ja, Vorsicht ist geboten. Allein um den nächsten Lockdown zu vermeiden.
Menschen sind soziale Wesen. Isolationshaft gilt als Folter.
Wenn sich die Gäste und das 90jährige Geburtstagskind anstecken, würde ich sagen: Ok, Instant Karma, die habe sich das verdient. Aber es bleibt ja nicht in der Familie. Der Chor im Treppenhaus betrifft alle Hausbewohner, auch die die gar nichts damit zu tun haben.
Wenn die Hauptrisikogruppe fragt, zu der ich mich aus Gründen noch nicht zähle, dann hört man allemal: „Ich habe mein Leben ja schon hinter mir, ich will jetzt nicht mein Lebensende einsam verbringen.“ Nachvollziehbar ist das allemal. Und dann frage ich mich: Wozu machen wir den ganzen Scheiß eigentlich, wenn nicht um gerade diese Zielgruppe zu schützen, die gar nicht geschützt werden will?
Was ich jetzt mache: Maske Hygiene, Abstand, schränkt mich nicht ein. Im Lockdown allerdings wäre ich fast durchgedreht und je weiter meine Bewegungsfreiheit eingeschränkt wird – mal eben in Norddeutschland Freunde besuchen oder gar eine richtige Reise ist gestrichen – um so mehr pisst mich das an, dass diejenigen, die wir schützen sollen, auf die paar Regeln scheißen.
Ich fürchte immer noch einen zweiten Lockdown, die Isolation und die psychosozialen Folgen mehr als die Seuche selbst. Und das macht mich wütend, dass die, die wir schützen sollen, sich am wenigsten and ie Regeln halten.
Moment mal!
1. sind ja nicht alle alten Leute so drauf und
2. gibt es jede Menge Risikopatienten, die jung oder mittelalt sind. Und
3. ist inzwischen klar, daß es auch üble, heftige Spätfolgen für Nichtrisikogruppenangehörige gibt.
Genug gute Gründe also.
Meiner Meinung nach wäre es ganz gut, wenn Alle ihr mögliches tun, ohne gleich in Wut und Verbitterung bzw Angst und Resignation zu verfallen, nur weil es immer Solche gibt, die nicht (oder quer *seufz*) denken.
Dem, schließe ich mich zu 100% an. Meine Eltern und Schwiegereltern, alle zwischen 80 und 90 Jahre alt, sind vorsichtig und haben große Angst, dass es sie treffen könnte.
Einige alte Leute mögen fahrlässig handeln, ich glaube aber nicht, dass das für die Mehrheit dieser Altersgruppe gilt.
Vielleicht gibt es hier auch nur mehr alte Leute auf einen Haufen.
Wenn alle ihr Möglichstes täten wäre es ja gut. Es tun aber eben nicht alle ihr Möglichstes. Hier wird ständig auf junge Menschen eingedroschen, die angeblich wilde Partys feiern ohne Rücksicht auf die Alten. Tatsächlich beobachte ich aber täglich vor allem alte Leute, die keinen Abstand halten und keine Masken tragen. Das ist doch wohl nicht so schwer, oder? Schon am Anfang des Lockdown habe ich beobachtet, dass die einzigen, die noch fröhlich schwatzend ohne Abstand in Grüppchen rumstanden oder den Supermarkt stürmten, die alten Leute waren. Ansonsten war diese Siedlung wie ausgestorben. Damals sind alle über mich hergefallen, weil ich gewagt habe, diese Beobachtung öffentlich zu machen. Eine Woche später gab es die ersten Hotspots in Altenheimen.
Und daran hat sich nichts geändert. Je oller, je doller.
Ja, es gibt auch Risikopatienten, die jung oder mittelalt sind. Ich kenne mindestens eine Bookcrosserin, die darunter leidet, dass sie nicht mehr raus kann. Sie schützt sich aber auch selbst!
Statistisch gesehen, sind es aber die ganz alten, die an oder mit Corona sterben.
Und was Langzeitfolgen angeht: So lange gibt es die Seuche noch gar nicht. Ich war als Kind schwer krank und hatte Langzeitfolgen bis ich ungefähr 20 war. Dann gingen die aber auch weg. Bis auf mein kleines Knieproblemchen, das habe ich als Andenken behalten. Ein paar Wochen nach einer Erkrankung würde ich da noch nicht von Langzeitfolgen sprechen.
Für Einige sinds ja doch schon Monate…..
Tja, indem wir uns einschränken, schützen wir diese Menschen halt trotzdem und ermöglichen ihnen bis zu einem gewissen Grad eben auch ihre sozialen Kontakte.
Ich will diese Krankheit nicht bekommen, jetzt gerade schonmal gar nicht. Und ich will auch nicht nochmal in die Isolation von März/April. Das war für mich auch ziemlich ungesund und an den Folgen knabber ich durchaus jetzt noch. Dennoch: Ich werde mich weiterhin einschränken, damit z. B. meine Tochter (4 Jahre) das nicht so stark muss. Weil es mir leichter fällt als ihr. (Und ja, weil es mir besser geht, wenn es ihr gut geht. Klingt pathetisch, meine ich aber ganz praktisch: Ein – in diesem Fall zu recht – schlecht gelauntes Kind im Haushalt ist anstrengend…) Andererseits kann ich im Moment, anders als vor einem halben Jahr, nicht vollständig aufs U-Bahn-Fahren verzichten und auch das Aufschieben von Arztbesuchen (mit unnötig viel Kontakten in vollen Wartezimmern schlecht organisierter Praxen) ist mir gerade nicht möglich. Ich fürchte, das ist die Realität für viele. Und gerade weil in der ersten Jahreshälfte viele sich so lange eingeschränkt haben oder eingeschränkt wurden, ist es jetzt oft nicht mehr möglich: keine Urlaubstage mehr, Behandlungen lassen sich nicht mehr aufschieben, … Dazu gehört aber auch, dass für manche die Kapazität sich selbst einzuschränken aufgebraucht ist, die Batterie leer, die Nerven zu dünn, dass ausgerechnet jetzt viele merken, dass sie mehr Kontakte oder mal eine andere Aussicht brauchen als im März, um durch den Winter zu kommen. Und dann lieber jetzt noch schnell, bevor es wieder verboten ist. (Und bei allem Verständnis: das muss dann trotzdem nicht sein, wenn man gerade hustet oder Fieber hat.)
Was ich denke: Das Maß, was an Einschränkungen für jede*n einzelnen möglich ist, ohne physisch oder psychisch krank zu werden, ist unterschiedlich. Ich habe vor einem guten halben Jahr mal einen Artikel darüber gelesen, dass in den Altersheimen schon nach kürzester Zeit der Einschränkung sozialer Kontakte viele Menschen massiv abgebaut haben. Wer niemanden mehr zum Reden hat, verliert die Fähigkeit dazu, das Gehirn spart sie ein. Das darf, finde ich, nicht noch einmal passieren. Da müssen andere Wege gefunden werden, die Menschen zu schützen. Und es muss abgewogen werden, welche Gefahr größer ist. Und bei alledem müssen die Betroffenen mit einbezogen werden. Ich finde es in Ordnung, Menschen dazu aufzufordern, auf „nicht notwendige“ Reisen zu verzichten. Ich finde aber auch, dass wir dann bis zu einem gewissen Maß zugestehen müssen, dass die Menschen selber einschätzen können, was notwendig ist und was nicht. Auch wenn einzelne sowas immer ausnutzen werden.
Um auf den Aufhänger zurückzukommen: Ich kann es verstehen, wenn Menschen einen runden Geburtstag feiern wollen. Aber muss es sein wie immer? Ich wohne gegenüber einer Kirche. Seit es überhaupt wieder Präsenzgottesdienste gibt, wird offenbar nicht mehr drinnen gesungen, sondern ganz am Ende ein Lied vor der Tür. Da stehen tatsächlich alle mit Masken und Abstand und singen an frischer Luft. Geht auch.
Genau. Muß nicht alles sein wie immer, aber es muß(!) möglich sein, daß EINIGES geht – der Mensch ist ein soziales Wesen!!
Eben gelesen: ab Wochenende in S-H starke Einschränkungen – obwohl hier vieles (noch) sehr entspannt ist 😦
Ich bin wie Du (jedenfalls lese ich das aus dem was Du schreibst) hin- und hergerissen.
Ähnliches wurde mir berichtet von einem 60sten auf einer Datscha. Was ich so gar nicht kapiere: Es sind eher die Senioren, die auf privaten Feten ausrasten, was Coronaregeln betrifft. Dabei hat diese Altersgruppe – unabhängig von Vorerkrankungen! – per se das höchste Risiko schwer zu erkranken.
[Geht kopfschüttelnd nach links ab.]
Das kann ich wiederum gut nachvollziehen. Wenn ich 80 plus wäre, würde ich mir wahrscheinlich auch denken: ich hab eh nicht mehr so lang, und wie der Rest aussehen wird ist zweufelhaft. Also laß ich mir die paar guten Restzeiten nicht vermiesen, lebe mein Leben ohne größere Einschränkungen, und KISMET.
Einzig die Sorge, Anderen nicht schaden zu wollen, würde mich davon abhalten.
Das ist aber genau das was ich in Interviews z.B. aber auch in Leserbriefen an den Stadtanzeiger von Senioren höre: Ich will mein Restleben noch genießen.
Und dann singt eben der Chor im Treppenhaus, während alle anderen sich einschränken.
Wobei ich das bei 60plus noch nicht so sehen.könnte….
Eben. Und wenn meine Verwandtschaft halbwegs repräsentativ ist, dann sieht man das auch auch mit 80 noch nicht so. Es ist also Ignoranz und Rücksichtlosigkeit, keine bewußte Enscheidung oder gar Risikoabwägung am Start.
Halbwegs. Ich kenne sowohl die eine als auch die andere Fraktion der Ü80s….
Insgesamt finde ich, Maske und Nichtchorsingen im Flur etc sind ja nun wirklich Jedem zumutbar.
Aber daß die alten Leute sich nicht nochmal isolieren lassen wollen (incl. Geburtstagen zuhause, die ja durchaus auch mit weniger Nenschen und lüften machbar wären), finde ich völlig nachvollziehbar. DIESE Art Zumutungen meinte ich.
Da bin ich dann auch ganz mit dir d’accord.